SPD-Friedenskreise-Manifest: Eine dünne Plärre!
Sofort nach der Lektüre dieses Papiers (vgl. hier) war ich sicher, es handelt sich um eine dreiste Täuschung: Da hatten sich ein paar Sozialdemokraten um Stegner, Mützenich und Borjans getroffen, offenbar um eine Art Simulation von Kehrtwende in Sachen Kriegswirtschaft und -politik ausarbeiten und vereinbaren zu wollen. Das Resultat: Rein atmosphärisch sind sie dann doch wieder in ihrer Paraderolle vom „alten, ewigen Sozialdemokraten“ gelandet, der „spricht und spricht und spricht, aber ändern, das will er nicht“ (F.J. Degenhardt).
Der Text wirkt geschwätzig, kleinteilig und zusammengestöpselt und gar nicht so, als wollten die Initiatoren irgendetwas reißen. Und sie haben ja auch erklärtermaßen so gar nichts gegen die russophoben Paradigmen der herrschenden Politik einschließlich der mitregierenden Sozialdemokratie einzuwenden.
Auch sie reden von einem angeblich russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit 2022, obwohl die NATO ja schon seit 2014 die Ukrainer auf die ethnischen Russen schießen läßt. Auch sie wollen das Kiewer Neonazi-Regime waffentechnisch und finanziell unterstützen und bis zum letzten Ukrainer kämpfen lassen, ahnend jedoch, dass dieser Staat inzwischen gar nicht mehr so richtig existiert. Und auch sie wollen gerne CO2-Steuern kassieren, um die extrem selbstschädigenden Sanktionen gegen Russland finanzieren zu können. Und auch sie wollen Klima schützen und dies auch ohne zu sagen, wie das wohl im Einzelnen so vor sich gehen soll.
Worin besteht also substanziell das Politik-Angebot des Manifests?
Merz und sein artiger Adlatus Klingbeil wollen ja mit aller Macht jene Regierungspolitik auf den Weg bringen, die nur autoritatives Regieren im Inneren und NATO-Krieg in der Ukraine kennt – mit allen Merkmalen einer Kriegswirtschaft – Sozialraub und Rüstungsproduktion inbegriffen
Ja, die Manifest-Gruppe hält sich strikt an den aktuell herrschenden Narrativen. Sie möchte, mit Verlaub, nur etwas mehr reden und verhandeln und vor allem will sie erst einmal Waffenstillstand!
Dabei müßten sie doch wissen, warum die Militärs der Anti-Hitler-Koalition vor nunmehr achtzig Jahren auch nicht einfach an Oder und Rhein stehen bleiben konnten, ohne die deutschen Nazi-Furien zu ermuntern erneut loszuschlagen.
Im Grunde müßten doch wirkliche Friedensfreunde, das will die SPD-Manifest-Gruppe doch irgendwie auch sein, sich ganz nüchtern einen möglichst raschen russischen Erfolg in der Ukraine wünschen, damit ihnen in einer Art Exit-Strategie dann ein Regierungsprogramm gelingen kann, wenn Merz & Co. am Ende sind.
Aber die Sozialdemokraten kapieren einfach nicht, was Trump und sein Pentagon schon wissen: Die herrschenden politischen Kreise in Deutschland sind auf das Gelingen dieses militärischen Feldzugs in der Ukraine fokussiert, der aber für den ‚freien Wertewesten‘ längst verloren ist und derzeit nur noch als ukrainischer Staatsterrorismus gegen Russland Bestand hat. Und diese Alternative will das Manifest noch begünstigen?
Was verstehen denn bitte die Manifest-Autoren in Zusammenhang mit den Minsker Vereinbarungen unter „völlig unzureichende Umsetzung“. Hatte die damalige Kanzlerin Merkel als Garantin der Minsker Verträge nicht eingestandenermaßen alles dafür getan, die NATO-Aufrüstung der Ukraine seit 2014 zu kaschieren und damit zu schützen?
Es kann ja sein, dass die Manifest-Gruppe den Restbeständen des gescheiterten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) unter die Arme greifen will oder vice versa. Manche etwa, z.B. bei den BSW nahen NachDenkSeiten (NDS), ventilieren diesen Gedanken schon länger. Dort hatte ein gewisser T. Riegel anläßlich der letzten Verhandlungsrunde der ukrainischen und russischen Seite in Istanbul die Russische Föderation allen Ernstes aufgefordert, Russland müsse jetzt sofort einen Waffenstillstand ausrufen!
Und dieser Herr Oberschlau führte empört aus, „den Krieg mit Verweis auf ‚höhere Güter‘ noch weiter in die Länge zu ziehen, obwohl es eine Chance auf Waffenruhe und darauf aufbauende Verhandlungen gäbe, ist nicht zu rechtfertigen“ (vgl. NDS vom 30.05.25).
Indes verspürte Riegel keine Neigung, wenigstens in einem Halbsatz aufzuschreiben, worin denn diese „Chance auf Waffenruhe“ wohl bestünde und vor allem, wer und was für deren Entstehen gesorgt habe. Und dieser Riegel ist es dann auch, der die Nachricht vom Manifest mit „Endlich!“ begrüßte (vgl. NDS vom 11.06.25).
Das SPD-Manifest selber buchstabiert den eigenen sehr verhaltenen Friedenswunsch, um es vorsichtig auszudrücken, noch abstrakter als die NDS. Das Manifest weiß offenbar nicht, was die NATO seit 2014 alles so an lethalen Waffen in die Ukraine hineingepumpt hat und was sie derzeit in diesem Sinne noch tut.
Konsequent wird an keiner einzigen Stelle in deren Papier darauf eingegangen, dass der sofortige Stopp aller Waffenlieferungen der NATO die Grundbedingung für einen Waffenstillstand in der Ukraine darstellt. Präsident Putin wiederholt diesen Hinweis wöchentlich. Muß selbst diese Aufgabe noch durch die sich verteidigende Russische Föderation selbst übernommen oder zu Ende geführt werden? Stegner, Mützenich und Borjans spekulieren wohl daerauf, die Russen haben das bisher erfolgreich gemacht mit der Vernichtung der NATO-Waffen in der Ukraine, die werden das auch zu Ende bringen…
Ein brauchbares Angebot für Friedensbewegte ist dieses Papier aus SPD-Kreisen jedenfalls nicht. Wir haben da eine Idee: Wie wäre es, wenn die Manifest-Autoren sich noch einmal vereinbaren könnten und sich in der jüngeren Geschichte zum Herbst 2021 umsehen. Sie könnten dort auf eine Initiative von Präsident Putin stoßen, der seinerzeit den USA und der NATO einen ziemlich klugen Plan zu Deeskalation und zur Abrüstung in Europa vorlegte, vgl. dazu hier unter „Die Vorschläge Russlands sind glatt akzeptabel“.
Ansonsten sollte man angesichts der geschilderten dünnen Plärre das Manifest eher vergessen und seine Zeit besser nutzen.
