„Stoppt den Völkermord in Gaza“ – Eindrücke über die Kundgebung in Berlin am 13. 09. 2025
Laut Polizei sollen 12.000 und nach Einschätzung der Veranstalter 20.000 Menschen die Kundgebung besucht haben. Es fanden keine Verletzungen der polizeilichen Vorgaben statt, die zu Beginn der Kundgebung vorgelesen wurden. Statt „free free Palestine, from the river to the see“ begnügte man sich mit „free free Palestine“. Vergleicht man die derzeitigen Proteste in Frankreich mit den in Deutschland stattfindenden Protestkundgebungen, wird deutlich, dass das „revolutionäre Gen“ die französische Mentalität weitgehend beherrscht, aber die deutsche Mentalität davon nicht betroffen ist. Mein Augenmerk galt allerdings den folgenden Rednern.
Daniel Alminati (Fernsehmoderator, Sänger, Tänzer und Schauspieler) bezeichnete das Vorgehen Israels als Völkermord und kritisierte den Vorwurf, dass all‘ diejenigen, die das Vorgehen Israels als Völkermord bezeichnen, antisemitisch seien. Dies sei eine Entwertung des Kampfes gegen den echten „Antisemitismus“.
Moshe Zuckermann (Video), Soziologe und emeritierter Professor für Soziologie und Geschichte, sieht aufgrund von ideologischen Gründen und der Befindlichkeit eines Großteils der israelischen Bevölkerung keine Möglichkeit, den Krieg zu beenden; so setze sich die Bevölkerungsmehrheit nicht für eine Beendigung des Kriegs ein und deshalb müsse ein ganz massiver Druck von außen kommen.
Dieter Hallervorden erhielt für seine Rede großen Beifall. Er schlug unter anderem vor, sich vorzustellen, dass in den Vereinten Nationen zwei unmittelbar hintereinander folgende Abstimmungen durchgeführt werden. Der erste Antrag würde lauten, wer alles Frieden will. Alle würden wahrscheinlich für Ja stimmen. Beim zweiten Antrag würde es darum gehen, wer sich verpflichte, sämtliche Rüstungsproduktionen und Waffenexporte einzustellen. Hier würde man ein ganz anderes Abstimmungsergebnis erfahren. Als Konsequenz müsse dann daraus folgen, dass all‘ diejenigen, die für Rüstungsproduktionen und Waffenexporte gestimmt haben, dazu verpflichtet würden, selbst in ihren Krieg einzumarschieren und zwar an vorderster Front.
Roger Waters (Pink Floyd) richtete sich mit einer Videobotschaft an die Teilnehmer der Kundgebung. Er äußerte sich zur Ukraine und zu Gaza. Die Ukraine, so Waters, ist ein geteiltes Land, in dem der Osten prorussisch eingestellt ist. In den von Russland beanspruchten Oblasten (russischsprachige Bevölkerung) sollten Referenden durchgeführt werden, damit die dortige Bevölkerung zwischen Bandera-Anhängern und der russischen Föderation entscheiden könne. Die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung sei gegen das unbeschreibliche Verbrechen Israels (Israel Community) und Roger Waters setzt dieses unbeschreibliche Verbrechen mit dem Zionismus gleich. Kolonisten (hier speziell die jüdischen Siedler) würden immer vorgeben, dass der Diebstahl von Land im Namen Gottes geschehe.
Sahra Wagenknecht spricht von einem Vernichtungskrieg im Gazastreifen und fordert eine starke Friedensbewegung, die sich für Frieden in Gaza, Frieden in Europa und Frieden auf der Welt ausspricht. Die wichtigste Forderung sei einst „Nie wieder Krieg!“ gewesen. Im Atomzeitalter dürfe Krieg kein Mittel der Politik mehr sein. Kriege beendet man nicht, so Sahra Wagenknecht, mit immer mehr Waffen sondern mit Diplomatie und Kompromissbereitschaft.
Jeffrey Sachs (Video), Ökonom und Professor an der Columbia-Universität, betonte, dass der Krieg vor elf Jahren mit dem gewaltsamen Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch begann. Die USA unterstützte den Putsch, so Jeffey Sachs, weil Janukowitsch sich für die Neutralität der Ukraine aussprach; die USA wollte aber, dass die Ukraine ein Nato-Mitglied wird. Damit überschritt die USA die rote Linie. Nach dem Sturz begann der Krieg. Als russische Truppen 2022 in die Ukraine einmarschierten, sagten die USA, dass die Ukraine die Neutralität nicht akzeptieren und weiter kämpfen solle. Das Ende des Kriegs, so Jeffrey Sachs, basiert aber auf der Neutralität der Ukraine und hebt hervor, dass Frieden nur durch Diplomatie erreicht werden könne.
Gabriele Krone-Schmalz, Journalistin und ehemalige Moskau-Korrespondentin (1987-1991), stellte die Frage, wieso uns ausländische Informationen vorenthalten werden und fügte hinzu, ob wir Untertanen oder mündige Bürger seien. Das Beharren auf Extrempositionen im Ukraine-Krieg zeige den massiven Realitätsverlust der Europäer. Zum Gaza-Krieg wolle sie sich nicht aufgrund ihres beruflichen Hintergrunds äußern, sondern als Mensch, als mündiger Bürger, der sich mitverantwortlich fühle für das, was in seinem und durch sein Land passiert. Was sei Zivilisation noch wert, so Gabriele Krone-Schmalz, wenn Israel in seiner Gegenwehr auf den Hamas-Angriff kein Maß und Ziel mehr kenne und der Rest der Welt bei einem Völkermord zuschaue.
Mein Resümee: Diese Kundgebung war wichtig, weil sie sowohl den Völkermord in Gaza als auch den Krieg in der Ukaine umfasste. Man kann nicht zu Gaza schweigen und sich für Friedensverhandlungen in Bezug auf die Ukraine einsetzen. Dies gilt natürlich auch umgekehrt. Es ist zu begrüßen, dass Prominente wie beispielsweise Dieter Hallervorden als Redner auftraten und klare Stellung bezogen; alle stimmten darin überein, dass das Vorgehen Israels im Gazastreifen einem Völkermord gleichkommt. Man kann die Außenpolitik nicht mehr den Parlamentariern und der Regierung überlassen. Die deutschen Staatsbürger müssen jetzt selbst die Verantwortung übernehmen. Dies war auch der gemeinsame Appell der Redner und Rednerinnen der Kundgebung.
Hier soll noch auf ein Video von mir hingewiesen werden, dass die Reden von den oben aufgeführten Personen wiedergibt: https://www.youtube.com/watch?v=whPLgC7lgHM&t=1506saaa
Redaktionelle Notiz: Nicht jeder namentlich gekennzeichnete Beitrag entspricht der Meinung der anderen Autoren. Der Autor Otto v. Friedbach hat sich diese Veröffentlichung aber sehr gewünscht, weil er einzelne Redebeiträge von dort für „absolut wichtig hält; zumal sie vieles auf den Punkt bringen.“
Vgl. dazu den etwas früher aber zum gleichen Anlaß erschienenen Beitrag unter „Pazifistische Fürbitte kann weder Netanjahu noch die Ukro-Nazis besiegen“ auf dieser website.
