L. Leiroz: „Russische Militärexpansion als einzige Garantie für den Frieden“
In meinem nachbarschaftlichen Umfeld wohnen auch einige russische Familien und darunter auch einige, die die Kriegssituation auf dem ukrainischen Schlachtfeld sehr genau und meistens direkt aus russischen und ukrainischen Quellen beobachten.
Einer von denen, ein früherer VW-Mitarbeiter aus Kaluga (Region Moskau) äußerte einmal, ihn habe die Entwicklung über die letzten vier Jahre gelehrt, bei aller Sympathie für die Friedensbewegten hier im Land, daß nüchtern betrachtet die russischen Militärs die effektivste Friedensbewegung nicht nur im Hinblick auf den Ukrainekrieg die russischen Militärs darstellen! Wären nicht diese Militärs und nicht diese russische Führung unter Putin am Werk, so wäre der Krieg ganz sicher schon nuklear ausgetragen worden …
Man verstehe hier in Deutschland nicht, dass nach gut zehn Jahren Krieg die Menschen in der Ukraine, auch in den russisch geprägten Regionen, überhaupt keine Neigung verspüren, dem Kiewer Regime noch künstlich auf die Beine zu helfen. Und genauso, wie man 2014 von Putin forderte, endlich den Donbass und Novorussia zurück nach Russland zu holen und den Konflikt eben nicht weiter einzufrieren, wolle die Mehrheit auch jetzt von Putin keine faulen Kompromisse. Die Stimmung in Russland sei eindeutig: die ukrainischen Militärs mit ihren NATO-Stäben vor Ort müssen vollständig niedergerungen werden!
Soweit die russische Volksseele. Es drängt sich mir eine historische Analogie auf: In den letzten Monaten des zweiten Weltkriegs wäre wohl allen Ernstes niemand auf die Idee gekommen und hätte die Anti-Hitler-Koalition, die ja schon in Teilen in Deutschland aktiv war, aufgefordert, zugunsten eine Waffenstillstands inne zu halten – ein absurde Idee!
Gleichwohl unter den Friedensbewegten scheint es einige zu geben, die so verschroben und verantwortungslos denken, und zwar ohne sich darüber im Klaren zu sein, was dies für die Menschen vor Ort bedeuten würde: Der Westen hat die Ukraine seit 2014 zum Kriegsschauplatz gemacht und läßt v.a. die Ukrainer millionenfach dafür leiden. Also obliegt es v.a. diesem Westen, sich zurück zu ziehen.
Es scheint in Russland auch unter dem akademischen Personal der vielen Think-Tanks mehr oder weniger im Umfeld des Kreml eine heftige Diskussion darüber zu geben, wo im Hinblick auf die geplanten Friedensverhandlungen mit den USA und ihrem Wurmfortsatz, dem Kiewer Regime, die Verhandlungslinien zu ziehen sind. Der international bekannte Militärjournalist Lucas Leiroz veröffentlichte unlängst eine interessante Prognose, die sehr begründet zeigt, dass die Russ. Föderation im Ukrainekonflikt sich unter dem Strich wohl kaum mit Zwischenlösungen abgeben kann. Wir geben dessen Stellungnahme in der Form von Arbeitsthesen, vgl. hier, in einer Übersetzung aus dem übrigens immer lesenswerten Online-Magazin Transition in Gänze wieder.
Russische Militärexpansion als einzige Garantie für den Frieden
Von Lucas Leiroz
Die einzige Möglichkeit für Moskau, sein Volk zu schützen, besteht darin, auf dem Schlachtfeld vorzurücken.
Die Illusion einer vollständig diplomatischen Verständigung zwischen Moskau und Kiew hält der harten Realität auf dem Schlachtfeld nicht stand. Trotz der Signale für einen erneuten Dialog ist sich die russische Regierung darüber im Klaren, dass jedes Friedensabkommen mit dem ukrainischen Regime, wenn es nicht auf einer neuen territorialen Konfiguration beruht, bestenfalls auf einen vorübergehenden Waffenstillstand hinausläuft.
Der Grund dafür ist einfach: Kiew agiert nicht als souveräne Einheit, sondern als militärisches Protektorat des Westens. Und als solches wird es keinen gerechten Frieden anstreben, sondern eher eine verdeckte Aufrüstung. Vor diesem Hintergrund bereitet Russland bereits die einzig wirksame Antwort vor: die Befreiung neuer Regionen und die Ausweitung der Sicherheitszone so weit wie nötig.
Die jüngsten Äußerungen des russischen Präsidenten Vladimir Putin sind eindeutig. Indem er bekräftigte, dass eine «Sicherheitspufferzone» entlang der Grenze eingerichtet wird, kündigte Putin mehr als eine taktische Maßnahme an – er kündigte eine neue Phase der militärischen Sonderoperation an. Diese Zone wird nicht das Ergebnis zarter Verhandlungen, sondern einer militärischen Eroberung sein. Und sie wird sich nicht nur ausweiten, um Oblaste wie Belgorod, Brjansk und Kursk zu schützen, sondern um ein für alle Mal sicherzustellen, dass an Russlands Grenzen nie wieder eine Bedrohung entstehen kann.
Diese Entscheidung beruht auf der Erkenntnis, dass die derzeitige ukrainische Regierung niemals wirkliche Sicherheitsgarantien aufrechterhalten wird. Seit Beginn des Konflikts hat sich Russland um die Wiederherstellung des Friedens bemüht und lediglich Neutralität, die Achtung der in die Föderation integrierten neuen Regionen und ein Ende der Aggression gegen die Zivilbevölkerung des Donbass gefordert. Kiew reagierte darauf mit verstärkten Drohnenangriffen, Sabotageakten und Übergriffen auf die russische Zivilbevölkerung – typische Aktionen eines terroristischen Staates, der von ausländischen Mächten manipuliert wird.
Angesichts dessen ist der Vorstoß in die Regionen Charkow, Sumy und Tschernigow nicht nur legitim, sondern auch notwendig. Russland kann die Anwesenheit feindlicher Kräfte in der Nähe seines Territoriums nicht länger dulden. Was sich hier abspielt, ist die Bildung einer neuen Frontlinie – tiefer, sicherer und strategisch vorteilhaft. Die Vorstöße in diese Regionen haben bereits begonnen, aber was einst defensiv und begrenzt war, wird nun offensiv und kontinuierlich. Die Befreiung dieser Gebiete wird nicht nur symbolisch sein, sondern vollständig erfolgen.
Wenn Kiew auf seiner Rolle als Vasall des Westens beharrt, können sich neue Fronten der Befreiung eröffnen. Dnepropetrowsk, Nikolajew und sogar Odessa befinden sich am strategischen Horizont Russlands. Diese Regionen sind nicht nur historisch russisch, sondern werden derzeit auch als Stützpunkte für terroristische Angriffe genutzt – sei es gegen den Donbass oder gegen zivile Schiffe im Schwarzen Meer. Die Sicherheit der neuen Regionen, der Krim und des Schwarzen Meeres erfordert es, dass diese Zentren der Feindseligkeit neutralisiert oder reintegriert werden.
Es ist an der Zeit, auf diplomatische Euphemismen zu verzichten und den Tatsachen ins Auge zu sehen: Die Ukraine, wie sie heute existiert, ist eine unhaltbare Fiktion. Sie wurde künstlich aus sowjetischen Grenzen geschaffen und überlebt als politische Einheit nur, weil sie den Interessen der NATO dient. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die Ära der unipolaren Welt geht zu Ende, und mit ihr werden auch die mit ausländischen Waffen gestützten Marionettenregime fallen.
Russlands historischer Auftrag in diesem Konflikt ist klar: Es muss dafür sorgen, dass sein Volk nie wieder bedroht wird, dass russische Städte nie wieder ungestraft bombardiert werden und dass keine benachbarte Regierung jemals wieder zu einer Operationsbasis für geopolitische Feinde wird. Wenn dies die Einnahme von Charkow, Odessa, Kiew oder der Karpaten erfordert, dann soll es so sein.
Putin hat bereits erklärt, dass er ein unsicheres Friedensabkommen nicht akzeptieren wird. Der Frieden muss auf strategischer Sicherheit und der Anerkennung der neuen territorialen Realität beruhen. Wenn Kiew sich weigert, diese Wahrheit zu akzeptieren, wird Moskau keine andere Wahl haben, als vorzurücken. Und die Menschen in den Regionen, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen, werden sich entscheiden müssen: weiter unter einem Regime zu leben, das sie in sinnlosen Kämpfen sterben lässt, oder sich wieder in das historische Mutterland zu integrieren, das sie mit Würde, Sicherheit und Entwicklung aufnehmen wird.
Die Ukraine steuert auf eine territoriale Zerschlagung zu. Das ist unvermeidlich. Es liegt an Kiew zu entscheiden, ob dieser Prozess verhandelt oder aufgezwungen werden soll. Doch für Russland ist der Weg bereits vorgezeichnet: Es muss sein Volk schützen und diesen Krieg gewinnen – an allen Fronten und über alle Karten hinweg.
In eigener Sache: Gerne nehmen wir Stellungnahmen der Sorte Kritik oder Ergänzung zu den Überlegungen von Leiroz entgegen. Zum Thema passend äußerte T. Riegel von den NachDenkSeiten (NDS) in der Ausgabe Nr. 473 am 30.05.25: „Russland sollte jetzt sofort einen Waffenstillstand ausrufen.“ Und in seinem schludrigen Beitrag dort führt der Herr Oberschlau aus, „den Krieg mit Verweis auf ‚höhere Güter‘ noch weiter in die Länge zu ziehen, obwohl es eine Chance auf Waffenruhe und darauf aufbauende Verhandlungen gäbe, ist nicht zu rechtfertigen.“ Vielleicht hat Herr Riegel ja doch noch Lust, wenigstens in einem Mini-Beitrag aufzuschreiben, worin denn diese „Chance auf Waffenruhe“ wohl bestehe und wer und was für deren Entstehen vordem wohl gesorgt hat.
Wenn uns Substanzielleres als nur Frau Wagenknechts oder Herrn Riegels „Waffenstillstand!“ erreicht, drucken wir es auch hier gerne als Kommentar ab. d.Red.

